Diagnose: Schlaganfall


Folgen: Rechtsseitige Hemianopsie (Gesichtsfeldausfall rechts) und Alexie (Leseunfähigkeit)


 

Es ist am frühen Morgen des 04. Februar 2008. Ein Montagmorgen, fast wie jeder andere. Es ist Karneval, Rosenmontag, wie sich der Tag hier im Rheinland nennt. Aber das ist an diesem Tag für mich nicht mehr wichtig, obwohl für mich eigentlich um 09:00 Uhr der Dienst beginnen würde.

 

Nach einer sonst unauffälligen Nacht, werde ich gegen 06:00 Uhr mit stechenden und extrem starken Schmerzen, vor allem im linken, hinteren Schädelbereich, wach. Nach späteren Angaben meiner Frau rede ich in den ersten Minuten nur unzusammenhängende Wortfetzen und ich will anschließend erst einmal nichts von einem Arzt wissen, mit der Begründung, dass ich gleich zur Arbeit müsse.
Alles was sich rechts von mir befindet, sehe ich nicht. Das Bild ist wie in der Mitte geteilt und die rechte Seite ist abgeschnitten. Das Bild dort fehlt einfach.

 




Der verständigte und mittlerweile eingetroffene Notarzt sorgt dann dafür, dass ich sofort in das für den hiesigen Bezirk damals zuständige Krankenhaus Bardenberg mit neurologischer Fachabteilung eingeliefert werde.

Dort verbringe ich die ersten drei Tage auf der so genannten "Stroke-Unit", sozusagen dem Intensiv-Bereich der Neurologie.
Nach diversen Untersuchungen noch im Verlauf des Montagvormittags und der folgenden beiden Tage, werde ich am Abend des 06.02. auf die normale Station verlegt.

Auf der normalen Neurologie-Station verinnerliche ich erst, was passiert ist. Ich kann rechtsseitig nichts sehen. Das gesamte rechte Gesichtsfeld fehlt und gleichzeitig habe ich die Lesefähigkeit nahezu vollkommen verloren.



 

Wie ein kleines Schulkind im ersten Jahr verwechsele ich die Buchstaben bei meinen Leseversuchen und kann nur einzelne Wörter lesen, diese auch nur Buchstabe für Buchstabe. Dies ist zwar auch mit eine Folge des Gesichtsfeldausfalls, aber eben nicht allein das. Es handelt sich um eine Alexie, eine Leseunfähigkeit.

 

Erste logopädische Übungen helfen mir, die Buchstaben wieder einigermaßen richtig einzusortieren und erste kleine Texte mühsam zu entziffern.

 

 



 

Neuropsychologische Behandlungen und Trainingseinheiten folgen genauso, wie eine Therapie, die sich um die allgemeine Mobilität und die räumliche Orientierung kümmert. So kommt die Orientierung im Gebäude bald zurück und auch kleinere Ausflüge vor das Krankenhausgebäude bis zum Parkplatz werden bald möglich.

 


Störend macht sich noch ein bleibendes Schwindelgefühl bemerkbar, das nur sehr langsam über die nächsten Wochen hinaus nachlassen wird. 
Das Gesichtsfeld auf der rechten Seite kehrte aber nicht zurück. Der Stand ist bei der Entlassung am 13.02. nahezu bei Null.

Körperliche Ausfälle hinsichtlich des Bewegungsapparats gibt es nicht und ein leichtes Taubheitsgefühl auf der rechten Seite lässt auch immer mehr nach. 

 

 


Die Rückfahrt nach Hause als Beifahrer vertrage ich zwar gut, jedoch kommen mir Geschwindigkeiten über 50 km/h bereits sehr schnell vor. Für mich ist - nicht nur aus ärztlicher, sondern auch aus meiner eigenen Sicht - in der nächsten Zeit das Fahren eines motorisierten Fahrzeugs nicht möglich.



Nach einer knappen weiteren Woche und mittlerweile erster einigermaßen stabiler Marcumar-Einstellung, geht es bereits am 19.02. in die Reha-Klinik "Burg Landshut" in Bernkastel-Kues.

 

Die Untersuchungen ergeben hinsichtlich des Gesichtsfeldausfalls das gleiche Ergebnis: Rechtsseitige Hemianopsie. Das Lesevermögen ist äußerst stark eingeschränkt, wobei das Schreiben jedoch überhaupt kein Problem darstellt.




 


Hinsichtlich des Schwindelgefühls und der Orientierung im Raum, sowie der Stärkung des Bewegungsablaufs und der Verminderung des leichten Taubheitsgefühls auf der rechten Seite, erfolgen während des dreiwöchigen Aufenthalts in der Reha-Klinik reichhaltige Behandlungen. Diese führen dazu, dass ich nach einigen Tagen bereits kleine und dann auch etwas größere Spaziergänge im Umkreis der Klinik unternehmen kann.

Ebenso bessert sich die Lesefähigkeit, die aber immer noch sehr weit hinter einem normalen Lesen zurückbleibt.

 

Viele weitere logopädische Behandlungseinheiten werden noch erforderlich sein, wieder einen brauchbaren Stand zu erreichen.

 

 



Genauso schaut es auch mit dem Sehen aus. Dies ist für mich erst einmal der wesentlichste Punkt, hängt hiervon auch ansonsten viel von einem normalen und mobilen Alltag ab.

In der Reha wird zu diesem Bereich lediglich die Kompensation des verlorenen Gesichtsfeldes durch Augenbewegung trainiert. Andere Therapien werden von den Krankenkassen (privat und gesetzlich gleichermaßen) nicht übernommen.

Weiterhin wird bei der neuropsychologischen Diagnose und Behandlung eine verminderte Merkfähigkeit festgestellt und therapiert. So hat sich auch hier bis zum Ende des Reha-Aufenthalts eine Besserung ergeben.

 



Um ohne Unterbrechung mit der logopädischen Behandlung nach meiner Rückkehr aus der Reha zuhause fortfahren zu können, wird mit einer heimischen Logopädiepraxis nach meiner Wahl schon aus der Reha heraus Kontakt aufgenommen. So kann zuhause die Behandlung gleich nahtlos fortgesetzt werden.

Die freien Zeiten während der Reha nutze ich immer mehr für Spaziergänge und nicht zuletzt aufgrund der Rehabilitationsmaßnahmen ist meine Ausdauer und die Möglichkeit zu solchen Spaziergängen wieder enorm gewachsen.
Zwar ist damit eine Arbeitsaufnahme noch lange nicht möglich, aber man kann den normalen Alltag mit einigen Einschränkungen wieder bewältigen.
Lediglich die Teilnahme am Straßenverkehr mit motorisierten Fahrzeugen bleibt noch ein fernes Ziel.

Zuhause ist es mir dann aber schon in den ersten Apriltagen möglich, die eine oder andere Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen.
Ein Stückchen Mobilität kehrt damit zurück.




Teil 2: Verbesserungen des Gesichtsfeldes