Verlaufstelegramm des Schlaganfalls


  • Montag, 04.02.2008, ca. 06:00 Uhr: Schlaganfall zuhause und Transport mit dem RTW zum Krankenhaus Bardenberg, Kreis Aachen, in die Neurologie.
    Dort Untersuchung und erste Akutbehandlungen, sowie Verbleib auf der Stroke-Unit für die ersten drei Tage.

  • Mittwoch, 06.02.2008: Verlegung auf die normale Neurologiestation.
    Im Verlauf der folgenden Woche erste logopädische Behandlungen und erste Einstellung der Marcumar-Dosierung. Außerdem erste neuropsychologische Behandlung der Hemianopsie.

  • Mittwoch, 13.02.2008: Entlassung aus dem Krankenhaus Bardenberg.
    In den kommenden Tage ambulante logopädische Behandlung.

  • Dienstag, 19.02.2008: Beginn der Reha-Maßnahme in der Klinik "Burg Landshut" in Bernkastel-Kues.
    Nach der ersten Woche Logopädie bereits kleine Fortschritte. Ebenfalls nach einer Woche erste Testübungen mit dem Programm "Anops" von der Fa. LinguAdapt hinsichtlich der Gesichtsfelderweiterung.

  • Samstag, 01.03.2008: Online-Kauf des Programms "Anops" und in der letzten Woche Reha dann auch die erste Übungswoche mit dem Programm als registrierte Version.
    Weitere kleine Fortschritte im logopädischen Bereich.

  • Freitag, 07.03.2008: Ende der Reha-Maßnahme und Rückkehr nach Hause. Dort täglich ca. 8 Übungseinheiten mit dem Programm "Anops" von je 10 Minuten. Verbesserung des Gesichtsfeldes auf ca. 10° bis 15° lt. den Ergebnissen aus der Programmauswertung bis zum 31.03.2008.
    Weiterhin auch leichte Verbesserungen hinsichtlich der Alexie.
    Ebenfalls hat das Schwindelgefühl stark nachgelassen und tritt nur noch in wenigen Situationen verstärkt auf.

  • Mittwoch, 02.04.2008: Die augenärztliche Untersuchung (Gesichtsfeldüberprüfung) bestätigt das Ergebnis des Anops-Programms. Auch durch den Augenarzt wird ein Gesichtsfeld von 10° bis 15° auf der rechten Seite ausgewertet. Die nächste Überprüfung soll in 6 Wochen vorgenommen werden.

  • Bis Ende April 2008 (12 - 13 Wochen nach dem Schlaganfall): Stetige, aber nur minimale Verbesserungen bei der Lesefähigkeit. Aber es geht in der Hinsicht schon aufwärts.
    Das Gesichtsfeld ist auf der rechten Seite bis Ende April bei gut 20° angekommen.
    Leichtere Gartenarbeiten über einen kurzen Zeitraum und Rasenmähen ist wieder möglich. Reparaturen im Haus und alle Dinge, die eine genaue Sicht erfordern, bleiben aber erst einmal ausgeschlossen.
    Die Teilnahme am Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen ist selbstverständlich auch weiterhin nicht möglich. Hierzu werden erst andere Werte und die ärztliche Bestätigung des Augenarztes benötigt, die erst ab einem gesetzlich festgeschriebenen Grad erteilt werden kann. Dann kommt noch meine eigene Einschätzung meiner Fähigkeiten als letzte Hürde hinzu, wenn aus ärztlicher Sicht nichts mehr dagegen spricht.
    Im Verlauf des April sind allerdings erste Fahrten mit dem Fahrrad möglich, da hier bei Geschwindigkeiten bis max. 30 km/h der nötige Überblick erreicht und gewahrt werden kann. Damit kehrt das erste Stück Mobilität zurück.

  • Der Mai bringt dann einige wesentliche, sprunghafte Besserungen hinsichtlich des Gesichtsfeldes. Oft treten diese plötzlichen Besserungen nach Anstrengungen auf (Radfahren, Arbeiten am Auto oder im Garten/am Haus, etc.). Bestätigt werden diese Verbesserungen durch die Übungs-Auswertungen von Anops.
    Beim Lesen bestehen weiterhin sehr große Defizite. Zwar ist auch dort eine geringfügige Besserung zu verzeichnen, aber das Bestehen der Alexie ist eben doch sehr deutlich spürbar und bedarf noch einiger logopädischer Behandlung.
    Die allgemeine Orientierung wird durch die Verbesserung des Sehens deutlich besser und auch die einen oder anderen Arbeiten im Haus und am PC fallen leichter.

    Die sprunghaften Besserungen des Gesichtsfeldes sind sicherlich eher einer spontanen Remissionen zuzuschreiben. Anops hat aber sicherlich bei der Überprüfung der erreichten Ergebnisse und bei der begleitenden Behandlung bis jetzt einen guten Teil beigetragen.

  • Die erste Junihälfte bringt dann beim Training mit Anops ein Ergebnis von ca. 60° auf der rechten Seite, dass auch bei einer augenärztliche Überprüfung bestätigt wird. Dies ist nun ein Bereich, der nach dem Anhang zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) bestehen muss, um Kraftfahrzeuge führen zu dürfen. Das ist nun wieder möglich.
    Um ein genauso sicheres und routiniertes Fahren zu erreichen, wie dies vor dem Schlaganfall bestand, sollte das Gesichtsfeld aber noch weiter, über dieses Mindestmaß hinaus, verbessert werden.

    Hinsichtlich der Lesefähigkeit gibt es weiterhin großen Übungs- und Verbesserungsbedarf. Zwar ist das Lesen an sich wieder etwas besser geworden, aber das Verstehen eines Textes, der dann mit etwas weniger als der halben Normalgeschwindigkeit gelesen werden kann, ist wieder eine andere Sache. Auch ist das Durchhaltevermögen bei der Konzentration auf Arbeiten mit der Anforderung zu Lesen noch recht eingeschränkt. Nach ca. 30 Minuten konzentrierter Arbeit, wird zumeist eine längere Pause erforderlich. Hier ist noch viel zu tun.

  • Die Besserungen im Juli bezogen sich nun eher auf die Lesefähigkeit. Das Sehen im Grenzbereich wurde zwar auch besser, schärfer irgendwie, aber vor allem logopädische Übungen/Übungsstunden, sowie eigenes, zunächst langsames Lesen von kurzen Texten sorgten für weitere Lerneffekte.
    Die MRT-Untersuchung der geschädigten Arterie am Monatsende ergab, dass wieder in geringer Menge Blut strömt, was den Stand der Dinge nicht gerade ungefährlich macht. Die weitere Entwicklung bedarf sorgfältiger Beobachtung und Behandlung, damit es nicht zu weiteren Problemen kommt. Dazu gehört auch die fortgesetzte Einnahme von Marcumar, um die Blutgerinnung herabzusetzen.

    Die Verbesserung des Gesichtsfeldes war somit in diesem Monat nur geringfügig hinsichtlich der Sehschärfe im bestehenden Bereich festzustellen. Weiterhin zeigt sich allerdings auch bis weit oberhalb 60° eine Hell/Dunkel-Erkennung, die bisher immer weiteren Verbesserungen vorausging.
    Die weitere Entwicklung im August bleibt abzuwarten.

  • Auch im August wieder eine leichte Besserung beim Gesichtsfeld. Diese bezog sich aber eher auf den bereits bestehenden Randbereich, der deutlicher wurde. Der undeutliche Bereich, der eigentlich nur bei bewegten Objekten zu erahnen ist, verlagerte sich etwas weiter nach außen. Die Verbesserungen schreiten nun recht langsam voran, aber es geht weiter aufwärts.
    Recht ordentliche Fortschritte ergaben sich bei der Lesefähigkeit. Jedoch ist es auch hier erforderlich, weiter zu üben. Für einen Text, den ein normaler Leser laut in ca. 1 Minute vorliest, benötige ich derzeit 2 Minuten.
    Die neurologische Untersuchung in diesem Monat fiel insgesamt recht positiv aus. Das Gefäß (also die Vene) hat sich ein Stück weit wieder geöffnet. Bis zur nächsten Untersuchung am Jahresende ist weiterhin die Einnahme von Marcumar erforderlich.

  • Das Gesichtsfeld hat sich im Verlauf des September nicht merklich weiter zur rechten Seite hin ausgedehnt. Jedoch verbesserte sich die Objekterkennung in dem Bereich nach rechts außen. Diese Verbesserung erforderte jedoch kontinuierliche Übungen mit Anops.
    Da sich die Lesefähigkeit - u. a. durch die logopädischen Trainingseinheiten - auch wieder verbesserte, ergab es sich, dass ich nun auch vermehrt wieder zum Lesen kam. Sei es im Internet, sonst am PC und auch in der Tageszeitung. Diese erhöhte Lesetätigkeit steigerte nun auch im gewissen Maße die Lesefähigkeit. 

    Die erst einmal eingeschränkte Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit sorgte zwar zum einen Teil für einen gewissen Leistungsdruck, verbesserte aber auf der anderen Seite weiterhin viele Bereiche. Dazu gehörten neben dem Lesen (unabdingbar für den Beruf) auch die Wiederherstellung der Fähigkeit des sog. "Multitaskings", also verschiedene Dinge parallel abzuwickeln.
    Weiterhin  wurden auch wieder Arbeiten möglich, die eine recht hohe Genauigkeit verlangen, wie z. B. das Hobby des Möbelbaus. Eine umfangreichere Veränderung des Wohnzimmerschranks (siehe unten auf der Seite Hobbys) wurde damit für mich auch wieder möglich.

  • Im Oktober stellten sich keine großen Verbesserungen ein. Insgesamt wurde das Gesichtsfeld zur rechten Seite hin immer deutlicher und die Lesefähigkeit nahm weiterhin leicht zu. Somit zeigt sich ein weiterer Aufwärtstrend, der jedoch seine Zeit braucht.
    Wenn auch die leichten Verbesserungen des Gesichtsfeldes und der Lesefähigkeit für eine deutlich bessere Bewältigung des Alltags sorgen, bestehen noch merkliche Einschränkungen bei der Konzentration. Hier ist immer noch relativ schnell eine Grenze erreicht und ich muss immer wieder kurze Erholungspausen einlegen. Auch hier zeichnet sich aber - je nach Art der Arbeit - eine allmähliche Besserung ab.

  • Anfang November war eine deutliche Verbesserung der Lesefähigkeit feststellbar. Einerseits vom persönlichen Empfinden her, aber auch nach den logopädischen Überprüfungen zu urteilen. Lesen wurde damit wieder relativ mühelos und nur noch ein wenig langsamer als im Normalfall möglich, einzig fehlte weiterhin die Ausdauer.
    Bis zum Monatsende ergaben sich ansonsten nur leichte weitere Besserungen beim scharfen Sehen nach rechts oberhalb 65 - 70°. Dies erleichtert viele Tätigkeiten im täglichen Ablauf und im beruflichen Alltag. Zufriedenstellend ist dies für mich aber dennoch nicht wirklich. Es gibt für mich noch viel zu trainieren, um den Stand immer weiter zu verbessern.

  • Der Dezember brachte wiederum kleinere, aber wesentliche Verbesserungen mit sich. Die Deutlichkeit beim Sehen im Bereich um und oberhalb 70° und aufwärts nahm weiter zu. Die augenärztliche Überprüfung des Gesichtsfeldes bestätigte diese Wiederherstellung des Sehens. Weiterhin zeigte sich auch in diesem Monate eine leichte Steigerung bei der Lesefähigkeit. So wurde teilweise auch das "Überfliegen" von Texten zum ersten Erkennen des Inhalts wieder möglich.
    Ein Problem stellt immer noch die Konzentration über einen längeren Zeitraum (mehr als gut 30 Minuten) dar. Bei bestimmten Tätigkeiten sind hier immer wieder Pausen erforderlich. Jedoch lassen sich soweit alle bekannten und gewohnten Arbeiten problemlos durchführen, auch wenn ggf. etwas mehr Zeit benötigt wird.

  • Im Januar 2009 erfolgte die vollständige Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit. Es zeigten sich immer wieder weitere leichte Verbesserungen beim Sehen und auch beim Lesen. Bei der Sicht handelt es sich um das deutliche Sehen im äußeren Bereich nach rechts, beim Lesen stellte sich vorwiegend die eine oder andere Besserung beim leisen Lesen und beim Überfliegen von  Texten ein.
    Weitere Verbesserungen bis hin zu einer Normalisierung des Gesundheitszustandes erhoffe ich mir im Verlauf des Jahres 2009.


Der Schlaganfall bei mir ist mit dem 04. Februar 2009 nun ein Jahr her. Ein nahezu normales Leben ist wieder möglich. Die letzten, geringen Einschränkungen hoffe ich im Verlauf des Jahres 2009 abbauen zu können.
Mir ist bewusst, dass nicht jeder, der von einem Schlaganfall betroffen ist - gleich wie die Auswirkungen aussehen mögen - einen solch positiven Krankheitsverlauf haben wird, wie dies bei mir der Fall war. Jedoch soll diese Schilderung zumindest Mut machen, gegen die Auswirkungen des erlittenen Schlaganfalls anzukämpfen und im persönlich möglichen Rahmen den eigenen Lebensstandard wieder zu verbessern. 
Dabei wünsche ich vor allem den Betroffenen, aber auch den Personen in deren Umfeld viel Erfolg und den Arbeitskollegen und Arbeitgebern/Vorgesetzten das nötige Einfühlungsvermögen, den Betroffenen so gut als möglich wieder zu integrieren und damit auf längere Sicht wieder aufzubauen.